Trasformazione

Trasformazione

Der Leere des Kosmos entstammen alle Dinge. Das Höchste, das Ursprüngliche, das Erste, der Ursprung aller Dinge ist das NICHTS, die LEERE. Aus der Leere entspringt, wandelt sich das EINE; das DING, das die Grundlage aller irdischen Erscheinungsformen bildet.

Im Qi Gong und den Fünf Wandlungsphasen (Fünf Elemente) der Traditionellen Chinesischen Medizin stößt Beppo Pliem auf den universellen Prozeß von Werden und Vergehen, von sich Wandeln, dem die Arbeitsreihe Trasformazione: Kunst – Farbe – Raum zu Grunde liegt.

Die Fünf Wandlungsphasen bilden einen ständigen Wechsel von Interaktion und Transformation. Die Elemente sind in ständiger Bewegung, vereinen, trennen, verwandeln sich, um sich erneut zu manifestieren. Sie geben allen Dingen Form und Gestalt. Die fünf Elemente spiegeln sich in Farben, Tönen, Zahlen, Himmelsrichtungen, Organen und anderem wider. Jedem Menschen ist von Geburt an ein bestimmtes Element zugeordnet. Es bildet den Hauptzugang beziehungsweise einen Filter, durch den der Mensch sein SEIN wahrnimmt. Durch das Bewußtmachen dieses Elementes und seiner Erscheinungsformen ist der URSPRUNG, das NICHTS, die LEERE erlebbar. Demnach ist Farbe LEERE und LEERE Farbe. Östliches Denken zeigt, daß der Mensch und das Universum aus den selben Elementen bestehen. Das eine bedingt das andere, sie stehen·in Wechselwirkung, und die Farbe wird auch als Brücke zwischen der inneren und der äußeren Welt verstanden.

Im ersten Buch Moses, Kapitel 9, 12-17 wird der Regenbogen als Zeichen des Bundes, der Verbundenheit zwischen Gott und dem Menschen in der christlichen Tradition beschrieben: „ … und wenn der Bogen in den Wolken steht, will ich ihn ansehen um des ewigen Bundes zu gedenken zwischen Gott und allen lebenden Wesen, die auf Erden sind … “.

Sich erkennen, wiederfinden in der Farbe könnte bedeuten, in Resonanz, in Schwingung mit dem Absoluten zu kommen. Farbe verbindet die Erde, das Pflanzen- und Tierreich mit dem Universum. Die Kraft in der Natur ist die Kraft der Farbe, die im Menschen wirkt.

„Farbe ist Seele der Natur und des ganzen Kosmos“ schreibt Rudolf Steiner. Der Mensch, der Anteil nimmt an den Farbkräften der Natur, ist ununterbrochen umgeben von Farbe, die sich auf sein Denken, Fühlen, seine Sprache usw. auswirkt.

„Farben sind Strahlungskräfte, Energien, die auf uns einwirken in positiver oder negativer Weise, ob wir uns dessen bewußt sind oder nicht.“ (Johannes ltten)

Johannes ltten beschreibt Farben als reale Schwingungsfrequenzen des Lichts, Strahlungen, die uns mit bestimmten Energiefeldern in Kontakt bringen. Der richtige Umgang mit Farbe kann uns energetisieren, heilen, zum Ursprung führen, der falsche das Gegenteil bewirken.

In der chinesischen Geomantie (Feng Shui) sind Harmonie, Leben und Farbe miteinander verwoben. Die Fünf-Eiemente-Farbtheorie ist seit jeher Grundlage für bestimmte Farbabfolgen in Raum und Umraum, indem sie sich auf den zyklischen Wechsel der fünf Grundmuster und deren Zusammenwirken bezieht. Die Elemente sind untereinander in einem sich unterstützenden, hervorbringenden Zyklus verbunden, oder in einem sich hemmenden, zerstörenden.

Beppo Pliern folgt mit seinen „Farbbildern“ der Fünf-Eiemente-Farbtheorie und gestaltet Raumabfolgen nach dem sich unterstützenden Zyklus. Er beginnt mit dem Element Holz und der Farbe Grün.

Die grüne Serie besteht aus schmalen, hochformatigen Leinwänden, die die emporstrebende Kraft des Wachsens und Sprießens von Grün unterstreichen.

Im Triptychon ziehen sich vertikale Linien über die Fläche, kraftvolles ineinander Übergehen verschiedener Grünschattierungen, die sich, Pflanzen gleich, mit der lntentsität der Natur darstellen. In den weiteren grünen Bildern zieht sich eine einzelne Spur des Wachstums über den ruhigen Hintergrund, fflanze oder Baumstamm teilt das Bild, erzeugt Spannung in der Ruhe.

Die roten Bilder, dem Element Feuer zugeordnet, sind reine Schwingungsbilder, deren pure Farbkraft durch keine Formgebung abgelenkt wird. Kleine  rote Farbquadrate, dicht aneinander gereiht, schwingen in den vielfältigsten Rottönen und fordern zum Eintauchen in die Farbe auf. Rot als das Feuer geistiger Entflammung und als die Kraft, die tran.sformiert.

Die folgende, gelbe Serie  ist dem Element Erde zugeordnet. Zwei verschiedene Gelb- bis Braunnuancen begegnen einander in einer horizontalen Linie. Die so entstehenden Gelbharmonien drücken das Gelb des Lebens aus und unterstützen sich in ihrer Leuchtkraft und Lichtnatur. Das Sich-Verströmende der gelben Farbe wird hin und wieder durch ein kräftiges Braun (Dunkelgelb) eingegrenzt.

Im „weißen Raum“, der dem Element Metall zugeordnet ist, sind alle Farben, alle malerischen Eigenschaften und Substanzen verschwunden. Durch die Summe aller Farben begegnen wir im Weiß Anfang und Ende zugleich. Die weißen Bilder strahlen durch ein weißgoldenes Quadrat im Zentrum die Ruhe eines Zen-Gartens aus. Das Quadrat als Zentrum, eine der vernichtetsten irdischen Formen erfährt dur.ch das Weißgold eine transparente Schwingung, die das Licht des Himmlischen im Irdischen sichtbar werden lässt. Die Schönheit der Leere wirkt in den weißen Bildern in ihrer gesamten Fülle.

Der Farbzyklus wird mit blauen Bildern, die dem Element Wasser entsprechen, beendet. Fließendes Blau in den „Wasserfall -Bildern“ bildet einen gewaltigen Raum, der mit der Urkraft von Blau konfrontiert und flutend Energien zwischen Himmel und Erde freisetzt.

ln den weiteren blauen Bildern findet sich wie in der gelben Serie wieder eine Horizontale. Zwei verschiedene Blau treffen in der unbegrenzten Ferne und Tiefe des Horizontes aufeinander. Die Offenheit und Weite des Himmels einerseits begegnet der Tiefe des Meeres andererseits, führt den Betrachter zum eigenen Zentrum und erweckt im Inneren die Sehnsucht nach Reinem und Übersinnlichem. In Bali bedeutet das Wort „Nila“ dunkelblau und auch Meditation – ein Hinweis auf die Durchlässigkeit der Farbe Blau für die Kräfte des Himmels. So wirkt Blau in seiner Reinheit als anziehendes Nichts, als ursprüngliche Erfahrung.

 

Text: Rosemarie Wiltschnig, 2000